Ein schriller Ruf in der Nacht
Göttingen. "Ich dachte mir schon, dass es sich um eine Eulenart handelt", sagt der angehende Forstwissenschaftler, der vor einigen Wochen das erste Mal auf die Töne aufmerksam geworden ist. Ein Austausch mit anderen Vogelliebhabern in einem Internetforum habe seinen Verdacht dann bestätigt.
Nachdem er Hans-Heinrich Dörrie vom Arbeitskreis Göttinger Ornithologen eine Audioaufnahme des Rufs gezeigt hatte, konnte dieser bestätigen: Es handelt sich eindeutig um die Waldohreule. Eine erstaunliche Entdeckung, denn, wie Dörrie außerdem mitteilte, sei die letzte Waldohreulenbrut in einem vergleichbaren städtischen Lebensraum in Göttingen 1996 im Ostviertel gesichtet worden.
Der schrille Ton, den die Vögel von sich geben, ist der sogenannte Bettelruf, mit dem die Jungtiere nach ihren Eltern und vor allem nach Nahrung schreien, erklärt Schulz, der sich mittlerweile intensiv mit der Waldohreule auseinandergesetzt hat. Ihren Namen verdanken die Tiere den zwei aufrecht stehenden Federn auf dem Kopf, die langen Ohren zum Verwechseln ähnlich sehen, so Schulz weiter.
Da der Student nicht nur Hobbyornithologe, sondern auch leidenschaftlicher Tierfotograf ist, hat er in den vergangenen Wochen fast täglich abends auf der Lauer gelegen, um gute Fotos von den Tieren zu machen, erzählt er. "Die Anwohner wurden schon misstrauisch."
Einige Bewohner des Wohnblocks, in dessen Innenhof sich die Waldohreulen niedergelassen haben, seien auf Schulz zugekommen, weil sie wissen wollten, was jede Nacht diese Geräusche verursacht. "Manche dachten, es wäre die Schaukel des kleinen Spielplatzes hier", sagt er.
Einige seien auch verärgert gewesen, weil sie nachts wegen der lauten Rufe nicht mehr mit offenem Fenster schlafen konnten. "Deswegen meinten auch manche, man sollte die Eulen besser in den Wald umsiedeln", erzählt der Student.
Zumindest was das restliche Jahr betrifft, kann Schulz die Anwohner allerdings beruhigen: "Die Jungen sind jetzt erwachsen und werden sich bald ein eigenes Revier suchen. Das kann entweder hier in der Gegend sein oder hunderte Kilometer entfernt."
Aber: Falls sich das Gelände zwischen Goßlerstraße und Robert-Koch-Straße für die Eltern als ein guter Ort für die Kindererziehung erwiesen habe, sei es nicht auszuschließen, dass im nächsten Frühjahr neue kleine Schreihälse die Nachtruhe stören werden. Schließlich brüten die Vögel, die eine Lebenserwartung von etwa 15 Jahren haben, einmal pro Jahr.
Von Maximilian Zech (Göttinger Tageblatt)
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